Zwei Hände

Zwei Hände

Und plötzlich, endlich, lächelte sie. „Wisst ihr was?“, fragte die ältere Frau, nachdem eine letzte Träne über ihr Gesicht gekullert war. „Mir ist oft kalt von innen drinnen. Aber ihr habt ein warmes Herz. So kann ich auftauen.“ Worte, die nachhallen. Gehört während einer unserer „StraSo“-Runden. Dabei taten wir gar nichts Besonderes. Nur das, worin wir unseren Auftrag in der RELING sehen, im Büro genauso wie bei der Straßensozialarbeit: Zuhören, Akzeptieren, Wertschätzen. Unterstützen, Alternativen aufzeigen, Mut machen. Und mit Worten auch einfach mal in den Arm nehmen. Ganz fest.

Das sind Berührungen, die auch uns berühren. Und uns so viel zurückgeben. Gerade, weil immer noch Abstand halten angesagt ist. Und weil um uns herum, man kann es leider nicht anders sagen, ein f***ing Krieg herrscht.

Was für ein wunderbares Geschenk in diesen Zeiten, dass ihr uns so vertraut, liebe Gäste. Euch uns anvertraut. Dass ihr euch bei all dem Mist, der euch im Leben widerfährt, trotzdem aufrafft und zu uns kommt. Dass ihr eure Geschichten mit uns teilt, die schönen genauso wie die traurigen. Dass ihr euch nicht klein machen lasst, sondern die Größe habt, um Hilfe zu bitten.

So wie die oben erwähnte Frau, die wir weinend auf der Straße antrafen. Erst mochte sie nichts sagen. Aber dann öffnete sie sich doch. Erzählte, dass es ihr nicht gutgehe, sie fertig sei, eine Therapie bräuchte. Aber das sei gar nicht so wichtig. Am meisten mache sie sich Sorgen um andere. Zum Beispiel um eine Bekannte. Eine junge, ausgemergelte, alkoholkranke Frau, die Angst habe, schwanger zu sein. „Wenn das stimmt, wie soll das gehen, mit Wodka und auf der Straße?“

Noch wisse die Bekannte es nicht sicher. Was aber sicher sei: „Schwanger oder nicht, sie braucht Hilfe, um ihr Leben wieder in den Griff zu kriegen. Und ich auch.“

Genauso ein „Griff“, wollen wir, will die RELING sein. Ein Griff mit Namen Empathie, der verlässlich da ist. Der so lange hält und der so lange stützt wie nötig. Der Kraft und Zuversicht mit auf den Weg gibt. Ein Griff, bei dem jeder bei Bedarf zupacken kann.

Audrey Hepburn hat mal gesagt: „Je reifer wir werden, desto mehr verstehen wir, dass wir zwei Hände haben: Eine, um uns selbst zu helfen, und eine andere, um anderen zu helfen.“ Aber manchmal muss man auch beide Hände ausstrecken.

Maren Albertsen


Dieser Beitrag wurde unter Blog abgelegt und mit , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.